Migräne-Wissen live und online
Renommierte Experten beim Symposium in Frankfurt
Das diesjährige Symposium der MigräneLiga in Frankfurt am Main stellte eine Premiere dar: Es fand in Präsenz und online statt. So hatten Interessierte bundesweit die Gelegenheit, aus erster Hand Neues zur Migräne-Therapie zu erfahren.
Es war das 75. Symposium der MigräneLiga, und gleichzeitig das erste, das hybrid stattfand: Nicht nur die knapp 100 Besucherinnen und Besucher im Saal des Gewerkschaftshauses konnten den Experten lauschen, sondern auch 731 Menschen am Computer-Bildschirm, die sich online zugeschaltet hatten. Nach der Begrüßung durch Präsidentin Veronika Bäcker überbrachte Stadträtin Dr. Anna Grundel Grüße des Schirmherrn, Gesundheitsdezernent Stefan Majer. Sie hob hervor, dass die MigräneLiga in der Corona-Zeit nicht untätig war, sondern sich weiterentwickelt hat und nun eine hybride Veranstaltung anbot. „Damit ist diese noch mehr Menschen zugänglich“, lobte sie. „Denn es ist wichtig, dass Migräne-Betroffene sich nicht alleine fühlen, sondern Hilfe und auch Trost finden. Das leistet die MigräneLiga.“ Sie freute sich, dass Betroffene aus Frankfurt mit der Selbsthilfegruppe, geleitet von Sonja Erlebach, vor Ort eine Anlaufstelle haben. Bäcker betonte anschließend, warum es so wertvoll ist, Mitglied der MigräneLiga zu werden: „Man hat nicht nur persönlich viele Vorteile, sondern je mehr Mitglieder wir haben, desto mehr Gewicht hat unsere Stimme auch in der Politik und im Gesundheitswesen.“
Den ersten Fachvortrag hielt Anja Theis, Fachärztin für Neurologie vom Kopfschmerzzentrum Frankfurt. Sie beschrieb den Unterschied zwischen Migräne und Spannungs-Kopfschmerzen sowie die jeweiligen Behandlungs-Möglichkeiten. „Bei Migräne sind zwei Dinge ganz wichtig: dass Sie die Akutmedikamente frühzeitig und ausreichend hoch dosiert einnehmen, und dass Sie nicht mehr als zehn Einnahmetage pro Monat haben.“ Als Folge eines Übergebrauchs können die Medikamente selbst wieder Kopfschmerzen hervorrufen – ein Teufelskreis. „Und entscheiden Sie sich nicht zu spät für eine vorbeugende Behandlung“, mahnte sie.
Erste Tablette zur Akuttherapie und Prophylaxe
Dr. Charly Gaul, ebenfalls Neurologe am Kopfschmerzzentrum Frankfurt, vertiefte dieses Thema und beschrieb den Sinn einer Prophylaxe: „Sie soll den Abstand bis zur nächsten Attacke vergrößern und dafür sorgen, dass diese schwächer ausfällt.“ Er beschrieb, für wen die vorbeugende Behandlung sinnvoll ist und welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Auch neue Medikamente stellte er vor. So wird es mit Rimegepant erstmals eine Tablette geben, die sowohl als Akuttherapie als auch vorbeugend genutzt werden kann. „Die Zulassung in Europa ist erteilt“, betonte er – es müsste in Kürze in der Apotheke erhältlich sein.
Lucia Baumann, Beauftrage für Selbsthilfegruppen, stellte die Arbeit der MigräneLiga und ihrer Gruppen vor, die in vielen Regionen aktiv sind. In der Pause hatten die Besuchenden dann Gelegenheit, sich an den Ständen der Aussteller über Hilfreiches zum Thema Migräne und Kopfschmerzen zu informieren.
„Ist Migräne eine Frauenkrankheit? Und was ist mit den Männern?“ – unter diesem Titel präsentierte das Ehepaar Dr. Axel Heinze und Dr. Katja Heinze-Kuhn von der Schmerzklinik Kiel im humorvollen Dialog Wissenswertes. Zwar plage Migräne auch Männer, allerdings seien Frauen die meiste Zeit ihres Lebens häufiger und stärker davon betroffen. Zudem zeigen Untersuchungen, dass sie im Alltag oft stärker beeinträchtigt sind, weil sie bei Migräne-Attacken nicht nur im Beruf, sondern auch bei der Versorgung der Kinder und des Haushalts ausfallen.
Mitfühlen, aber nicht mitleiden
Sabrina Moll, auf Kopfschmerz spezialisierte Psychologin (M.Sc.) in Frankfurt, widmete sich dem Thema „Angehörige leiden mit“. Sie plädierte dafür, Gefühle wie Wut und Ungerechtigkeit, die sowohl bei Betroffenen als auch Angehörigen aufkommen, zuzulassen und darüber zu sprechen. „Man kann die Gefühle miteinander aushalten, dann regulieren sie sich.“ Es sei richtig, die Betroffenen zu unterstützen, doch man brauche nicht die Verantwortung für sie zu übernehmen, sondern solle sich abgrenzen. „Mitfühlen, aber nicht mitleiden“, war ihr Fazit. Den Abschluss machte Benjamin Schäfer, leitender Physiotherapeut an der Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein. Er beschrieb Wechselwirkungen zwischen Nackenschmerzen und Migräne und stellte wissenschaftliche Erkenntnisse zur Physiotherapie als Behandlung bei Kopfschmerzen vor. „Bisher gibt es leider nur wenige Studien zu Physiotherapie und Migräne“, bedauerte er. Er leitet eine Studie, für die er noch Teilnehmende im Raum Mainz, Wiesbaden und Königstein sucht (Info: www.migraenestudie-ohne-medikamente.de).
Dank an unsere Sponsoren!
Ohne finanzielle Unterstützung wäre ein solches Symposium nicht durchführbar. Die MigräneLiga dankt den Firmen AbbVie, Hormosan Pharma, Lilly, Lundbeck, Novartis, Teva und Weber & Weber für ihre freundlichen Unterstützung.