Migräneprophylaxe: Kein Topiramat für Schwangere
Während Schwangerschaft und Stillzeit dürfen nur bestimmte Medikamente eingenommen werden, damit sich das Kind möglichst gesund entwickeln kann. Für die Migräne-Prophylaxe mit Topiramat gibt es neue Erkenntnisse, die die Einnahme während einer Schwangerschaft verbieten.
Grundsätzlich sollten in dieser besonderen Zeit Medikamente nur nach ärztlicher Rücksprache eingesetzt werden. Das gilt für alle Arzneimittel – auch für freiverkäufliche und solche, die wegen einer chronischen Erkrankung dauerhaft genommen werden müssen und mit denen man ansonsten gute Erfahrungen hat.
Topiramat generell gut wirksam
Topiramat ist an sich ein Medikament gegen Epilepsie. Es verringert die Übererregbarkeit des Nervensystems auch bei Migräne-Patienten und wird deshalb seit Jahren in der Prophylaxe der Migräne eingesetzt. Es kann die Migräne-Häufigkeit reduzieren und damit die Lebensqualität verbessern. Das konnte in gut durchgeführten Studien belegt werden. Neue Studienergebnisse zeigen jedoch, dass Topiramat das ungeborene Leben schädigen kann. Aus diesem Grund dürfen Schwangere das Medikament nicht mehr erhalten.
Schwangerschaft und Fehlbildungen
Auch unter normalen Umständen ist jede Schwangerschaft mit einem gewissen Fehlbildungsrisiko verbunden, welches bei 1 bis 3 % liegt. Das heißt, von 100 Neugeborenen weisen etwa 1 bis 3 eine Fehlbildung auf. Am häufigsten sind Herzfehler, Klumpfuß, Gaumenspalten oder offener Rücken. In der Regel finden sich keine Ursachen. Man spricht von angeborenen Fehlbildungen. Es gibt jedoch Stoffe, die dieses Risiko erhöhen. Hierzu gehört zum Beispiel auch Topiramat. Der Wirkstoff gelangt über die Plazenta (Mutterkuchen) in die Blutbahn des ungeborenen Babys und kann hier zum Teil schwere Veränderungen auslösen.
Auswirkungen von Topiramat auf das Ungeborene
In den ersten drei Schwangerschaftsmonaten werden die Organe und die Körpergestalt des Kindes angelegt. Nimmt eine Patientin in dieser Zeit Topiramat, kann es vermehrt zu Fehlbildungen kommen. Hierzu gehören in erster Linie Lippen Kiefer-Gaumenspalten und Veränderungen an der Harnröhre. Auch das Nervensystem scheint Topiramat zu beeinflussen. Schwerwiegende Folgen können geistige Behinderung, Autismus und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit Hyperaktivitätsstörung) sein. Das Risiko ist etwa doppelt bis dreifach so hoch wie bei Müttern, die kein Topiramat während der Schwangerschaft genommen haben. Das bedeutet, etwa 4 bis 9 von 100 Babys kommen mit Fehlbildungen zur Welt (4 bis 9 %). Ab dem 4. Schwangerschaftsmonat reifen die Organe aus. Im letzten Schwangerschaftsdrittel, zwischen dem 7. und 9. Monat, nimmt das Kind vor allem an Gewicht und Größe zu. Topiramat scheint diese Vorgänge zu stören. Kinder von Müttern, die Topiramat während der Schwangerschaft einnahmen, können leichter und kleiner sein als erwartet. Etwa 18 von 100 Neugeborenen (18 %) betrifft dies, das sind knapp 4-mal mehr als normalerweise (5 %).
Vorsichtsmaßnahmen bei Topiramat für Frauen im gebärfähigen Alter
Die europäischen Kopfschmerzexperten sind sich aufgrund dieser Studienergebnisse einig: Damit sich ein Kind möglichst schadlos im Mutterleib entwickeln kann, darf Topiramat nicht während einer Schwangerschaft eingenommen werden. Ganz generell sollten Frauen im gebärfähigen Alter andere Medikamente zur Vorbeugung einer Migräne erhalten, die nachgewiesenermaßen keine negativen Auswirkungen auf das Ungeborene haben. Hierzu zählen das Antidepressivum Amitriptylin oder der Beta-Blocker Metoprolol, ein Mittel gegen Bluthochdruck. Vor Beginn einer Behandlung mit Topiramat sollten Frauen im gebärfähigen Alter einen Schwangerschaftstest machen. Und nur, wenn dieser negativ ist, dürfen sie Topiramat bekommen. Dieses sollten sie auch nur einnehmen, wenn sie eine sehr sichere Methode zur Schwangerschaftsverhütung nutzen. Die „Pille“ allein reicht in diesem Fall nicht, weil Topiramat die Wirksamkeit dieses Verhütungsmittels herabsetzt. Zusätzlich muss daher zum Beispiel ein Kondom verwendet werden. Hier kann der Arzt beraten. Diese besonders sichere Art der Schwangerschaftsverhütung muss nach Beenden einer Topiramat-Einnahme noch für weitere 4 Wochen fortgesetzt werden. Jährlich sollten Arzt und Patienten überprüfen, ob die Topiramat-Behandlung fortgeführt werden sollte. Falls Frauen schwanger werden und Topiramat einnehmen, muss dieses sofort abgesetzt werden. Die Einnahme von Topiramat während der Stillzeit scheint keinen negativen Einfluss auf das Kind zu haben. Das Medikament dürfen Stillende einnehmen.
Stand Dezember 2023
Quellen:
https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RV_STP/s-z/ topiramat-schwangerschaft.html
https://idw-online.de/de/news824465
https://www.hpra.ie/docs/default-source/default-document-library/important-safety-information-topamax-( topiramate).pdf?sfvrsn=0 https://www.embryotox.de/arzneimiJel/details/ansicht/medikament/topiramat https://jamanetwork.com/journals/jamaneurology/fullarticle/2793003 https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-057l_S1_Therapie-der-Migraeneattacke- Prophylaxe-der-Migraene_2023-01.pdf
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-122018/vorsicht-aber-keine-panik/ https://www.netdoktor.de/medikamente/topiramat/